Das Bundesgesundheitsministerium hat die vorläufigen Finanzergebnisse der gesetzlichen Krankenkassen veröffentlicht. Mit der Pressemitteilung wird auch ein Defizit des Gesundheitsfonds von 3,49 Mrd. Euro vorgelegt.

Die Pandemie hat auch die Entwicklung der Krankenkassen-Bilanzen im vergangenen Jahr geprägt. Die Zahlen für das letzte Jahr zeigen aber auch: Durch den zusätzlichen Bundeszuschuss und den Abbau der Finanzreserven ist es uns gelungen, dass Beitragszahler und Arbeitgeber nicht übermäßig belastet worden sind. Die Beiträge stabil zu halten – das ist auch mit Blick auf das laufende Jahr unser Ziel.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Die Einnahmen der Krankenkassen, die sie in erster Linie durch vorab festgelegte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, sind um 4,0 Prozent auf 260,0 Mrd. Euro gestiegen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3 Prozent ebenfalls einen Zuwachs von 4,0 Prozent auf 262,6 Mrd. Euro.

Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Bis auf die landwirtschaftliche Krankenversicherung (LKK), die 2020 einen Überschuss von 58 Mio. Euro erzielte, verbuchten alle Krankenkassenarten im vergangenen Jahr Defizite: Für die Ersatzkassen betrug das Minus 1.114 Mio. Euro, für die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) 974 Mio. Euro, für die Betriebskrankenkassen (BKK) 235 Mio. Euro, für die Innungskrankenkassen (IKK) 250 Mio. Euro und für die Knappschaft 138 Mio. Euro.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Das Defizit des Gesundheitsfonds in 2020 von rund 3,49 Mrd. Euro ist maßgeblich auf konjunkturbedingte Mindereinnahmen und diejenigen vom Gesundheitsfonds geleistete Ausgleichszahlungen an Leistungserbringer zurückzuführen, die nicht vom Bund ausgeglichen werden.

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie wurden im vergangenen Jahr rund 12,2 Mrd. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt. Hierunter fallen unter anderem Kompensationsleistungen für freigehaltene Krankenhausbetten, Ausgleichszahlungen für neu geschaffene intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten, für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und für Heilmittelerbringer sowie Aufwendungen für Corona-Tests und für Schutzmasken. Davon hat der Bund rund 9,9 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds erstattet, darunter alleine rund 9,4 Mrd. Euro für die freigehaltenen Krankenhausbetten.

Der Zuwachs der Beitragseinahmen blieb mit lediglich 1,9 Prozent – trotz der Stabilisierung der Sozialversicherungseinnahmen durch die Regelungen beim Kurzarbeitergeld – erheblich hinter den Veränderungsraten der Vorjahre mit durchschnittlich deutlich über vier Prozent zurück. Deshalb war es wichtig, dass der Bund die Einnahmen des Gesundheitsfonds durch einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 3,5 Mrd. Euro in der zweiten Jahreshälfte 2020 stabilisiert hat.

Entwicklungen bei den Ausgaben

Die Ausgaben der Krankenkassen für Leistungen und Verwaltungskosten stiegen im 1. bis 4. Quartal 2020 um 4,0 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen um 4,0 Prozent, die Verwaltungskosten um 4,8 Prozent.

Die Ausgabenentwicklung war im vergangenen Jahr pandemiebedingt von deutlichen Schwankungen geprägt. Gegenüber der jeweiligen Vorjahresperiode stiegen die Ausgaben im 1. Quartal 2020 um 5,6 Prozent, im isolierten 2. Quartal sanken die Ausgaben der Krankenkassen unter den Auswirkungen des Lockdowns hingegen um 1,0 Prozent. Im Zuge der Abflachung des Infektionsgeschehenes im Sommer stiegen die Ausgaben im isolierten 3. Quartal wiederum um 8,6 Prozent und im isolierten 4. Quartal mit dem Lockdown ab Mitte November um 3,6 Prozent an.

Bei der Interpretation der vorläufigen Finanzergebnisse ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in einigen Leistungsbereichen von Schätzverpflichtungen geprägt sind, da dort die Abrechnungsdaten zum Meldezeitpunkt nur unvollständig vorliegen. Diese Unsicherheiten gelten insbesondere im Bereich der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Vergütung.

Ausgabenentwicklung in einzelnen Leistungsbereichen

Im Bereich der ärztlichen Behandlung gab es mit 7,3 Prozent deutlich überproportionale Zuwächse. Da für das 2. Halbjahr noch keine Abrechnungsdaten der Ärzte vorliegen, sind diese Veränderungsraten jedoch noch unsicher und in hohem Maße von Einschätzungen der Krankenkassen geprägt.

Bei den Krankenhausausgaben verbuchten die Krankenkassen 2020 einen vergleichsweise geringen Anstieg von rund 1,3 Mrd. Euro bzw. 1,7 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Krankenhäuser bis Ende Dezember zusätzlich rund 9,4 Mrd. Euro aus Steuermitteln für freigehaltene Betten sowie rund 700 Mio. Euro für die Erhöhung der Kapazitäten von Intensivbetten aus Mitteln des Gesundheitsfonds erhalten haben.

Die Ausgaben für Arzneimittel stiegen um 5,4 Prozent. Hier haben sich die unterjährig deutlichen Ausgabenzuwächse im Jahresverlauf abgeflacht. Dabei führte auch die Absenkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte zu Entlastungen.

Zweistellige Zuwachsraten gab es hingegen weiterhin bei den Krankengeldausgaben mit 10,8 Prozent. Auch hier ist im Vergleich zum 1. Halbjahr mit einem Plus von mehr als 14 Prozent ein rückläufiger Ausgabenanstieg zu beobachten.

Bei den Heilmitteln, bei denen die Ausgaben der Krankenkassen um 2,3 Prozent bzw. rd. 200 Mio. Euro stiegen, ist zu berücksichtigen, dass die Leistungserbringer in diesem Bereich im vergangenen Jahr aus Mitteln des Gesundheitsfonds rund 814 Mio. Euro an zusätzlichen Ausgleichszahlungen erhalten haben.

Während die Ausgaben für zahnärztliche Behandlung weitgehend stagnierten (+0,3 Prozent), wurde in den nachfolgenden Bereichen Ausgabenrückgänge bei den Krankenkassen verzeichnet: beim Zahnersatz (-5,2 Prozent), bei den Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (-15,2 Prozent) sowie bei den ärztlichen Früherkennungsmaßnahmen (-2,8 Prozent). Bei den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wurden die Belegungsrückgänge durch Ausgleichszahlungen in Höhe von rund 335 Mio. Euro aus dem Gesundheitsfonds abgefedert.

Weitere Entwicklung

Die endgültigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2020 werden ebenso wie die Daten des 1. Quartals 2021 Mitte Juni 2021 vorliegen.

Mit dem Maßnahmenpaket, das der Gesetzgeber Ende 2020 mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz beschlossen hatte, wurden die Voraussetzungen für eine stabile Finanzierungsgrundlage der GKV auch im Jahr 2021 geschaffen. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz 2021 wurde durch einen ergänzenden Bundeszuschuss von 5 Mrd. Euro, eine leistungsgerechte Abführung der Finanzreserven der Krankenkassen in Höhe von 8 Mrd. Euro auf 1,3 Prozent weitestgehend stabilisiert. Obwohl zum Jahreswechsel 40 von 102 Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz angehoben, 2 Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz gesenkt und 60 Kassen keine Veränderungen vorgenommen hatten, ist der durchschnittlich von allen Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz mit 1,28 Prozent leicht unterhalb des vom BMG im Oktober 2020 bekanntgemachten Durchschnittswert von 1,3 Prozent geblieben.

Damit wird die vom Bundeskabinett im Juni beschlossene Sozialgarantie 2021 zur Begrenzung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auf unter 40 Prozent im Jahr 2021 umgesetzt. 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums.